"Wir möchten jedem Kind die Möglichkeit zur Teilhabe an kultureller Bildung mit auf den Bildungsweg geben"

Seit dem 1. April 2023 ist Bottrop eine von mittlerweile acht „Bildungskommunen“. Die Stadt Mitten in NRW hat sich für den Schwerpunkt kulturelle Bildung entschieden. Wie die ersten Monate verlaufen sind, verraten uns die beiden Mitarbeiterinnen Britta Sicking und Elisa Czernik.
 

Wie sind Sie gestartet? 

Das Projekt „Bildungskommunen“ in Bottrop wurde zum 01. April 2023 bewilligt, jedoch erst im Herbst 2023 mit Personal (1,5 Stellen) besetzt. Wir gehören zum Team des regionalen Bildungsbüros (Fachbereich Schule und Kindertagesbetreuung im Dezernat „Bildung und Soziales“).

Vorab waren wir in Bottroper (städtischen) Projekten beschäftigt und bringen somit schon grundsätzliche Kenntnisse zu Abläufen und Akteur*innen innerhalb von Verwaltung mit. Das hilft! So konnte ziemlich direkt in die projektbezogene Arbeit eingestiegen werden. Zunächst ging es in der täglichen Arbeit allerdings um organisatorische Klärung wie beispielweise Inhalte der Förderrichtlinie, Zeitplan und verwaltungstechnischen Finanzfragen innerhalb des ESF-Projekts.  

An der Stelle ein großer Dank an die Knappschaft-Bahn-See, die uns inhaltlich sehr gut zu unseren organisatorischen Fragen beraten hat. Zurzeit füllen wir unsere Zieldefinitionen mit Leben und sichten die aktuelle Datenlage in Bottrop. Dazu nehmen wir beispielsweise an der AG Daten teil, die im Dezernat „Bildung und Soziales“ fachamtsübergreifend den Prozess der gemeinsamen Datennutzung analysiert und zukunftsweisend steuert. 

Abgestimmt mit Bildungs-Dezernentin Karen Alexius-Eifert werden wir nun inhaltlich zunächst verwaltungsinterne Akteur*innen informieren und zur Mitarbeit motivieren. Geplant ist zeitnah eine Landkarte der bildungsrelevanten Netzwerke. Auch arbeiten wir in Facharbeitsgruppen an der RVR-Bildungsberichterstellung der Metropole Ruhr mit. In diesem Zusammenhang planen wir die Umsetzung erster short reports zu relevanten Themen. Nebenbei ist Zeit für erste „Visionen“. Eine solche wäre beispielsweise der Bildungskaufladen (vorläufiger Projektname – Bildungsportal).
 

Bottrop hat sich bisher als einzige Kommune in NRW für das Thema kulturelle Bildung als Schwerpunkt entschieden. Wie kam es zu dieser Wahl?

Auszüge aus dem Vorwort des Positionspapiers des Deutschen Städtetages zur kulturellen Bildung von 2019 verdeutlichen den Stellenwert dieser: „Die kulturelle Bildung ist integraler Bestandteil eines ganzheitlichen Bildungsverständnisses. Sie ist in den Bildungsplänen der Kindertageseinrichtungen und der Schulen verankert. Daneben gibt es eine Vielzahl außerschulischer Einrichtungen und Institutionen, die sich im Bereich der kulturellen Bildung für Kinder und Jugendliche engagieren. […] Trotz allgemeiner Wertschätzung und bestehender Infrastruktur gibt es auch Herausforderungen und Probleme: Die kulturelle Bildung ist durch eine Vielzahl von Programmen gekennzeichnet, die häufig wenig koordiniert und nachhaltig sind. Hinzu kommt, dass Zugang und Teilhabe – wie in der Bildung insgesamt – nach wie vor stark abhängig sind von der Herkunft und dem sozialen Status. Vor diesem Hintergrund müssen die verschiedenen Akteure und die Politik auf allen Ebenen gemeinsam dafür Sorge tragen, dass alle Kinder und Jugendlichen gleichberechtigten Zugang zu kultureller Bildung erhalten. […]“ (https://www.staedtetag.de/files/dst/docs/Publikationen/Positionspapiere/2019/bildung-kultur-stadt-positionspapier-2019.pdf). Das sagt unserer Meinung eigentlich alles aus!

Momentan sind es besonders die Begegnungen mit kultureller Bildung über formelle Bildungslandschaften (Kita, Schule, Jugendeinrichtungen), die tendenziell alle Kinder erreichen. Aber eine Kommune kann mehr bieten, um Chancengerechtigkeit zu erwirken – wie eine transparentere Darstellung der Angebotsvielfalt und Möglichkeiten, Hinweise auch auf Förderung/Kostenübernahme und konzeptionelle Unterstützung, um Bildungsgerechtigkeit auch in Richtung der Entwicklung durch non-formale Bildungswege zu unterstützen. 

Bottrop ist bereit, seinen Beitrag dazu zu leisten. Wir möchten jedem Kind die Möglichkeit zur Teilhabe an kultureller Bildung mit auf den Bildungsweg geben. 
 

Wie können Daten als Grundlage für die Entwicklung von analog-digitalen Bildungslandschaftengenutzt werden – insbesondere im Kontext der Kulturellen Bildung? 

Erst wenn Daten durch ihre Nutzung zu Wissen gemacht werden und mit diesem Wissen bewusst entschieden wird, können wichtige Veränderungs- und Lernprozesse in Gang gesetzt werden. Die Daten bilden quasi das Fundament. Sie können aufzeigen, an welchen Stellen beispielsweise Angebote geschaffen werden müssen, welche Angebote genutzt werden und wo es Optimierungsbedarfe gibt. Eine detaillierte sozialraumbezogene Auswertung zum Beispiel von Nutzungsdaten kann steuerungsrelevant für zukünftige Angebote sein. 
 

Wie sieht Ihre Strategie aus und welche Indikatoren können nützlich sein, um das Thema Kulturelle Bildung mit Hilfe von Daten abzubilden und weiterzuentwickeln? Beispielsweise um die Wirksamkeit von kulturellen Angeboten abzubilden?  

Der genaueren Antwort zu dieser Frage geht vorerst die Frage nach dem erhofften Nutzen einher! Und genau diesen werden wir in diesem Jahr in einem gemeinsamen Prozess mit Akteur*innen vom Kultur- und Jugendamt in den Blick nehmen. Wir freuen uns, in diesem Prozess von der K² Beratung unterstützt zu werden. 

Kulturelle Bildung ist in ihrer Gesamtheit sehr vielschichtig und wird von Akteur*innen, Politik, Nutzer*innen usw. sehr unterschiedlich definiert. Für kommunale Zwecke werden ggf. eigene Erhebungen interessant, um Nutzungsverhalten, Hemmschwellen und Interessen herauszufiltern und so kommunal angepasste Strategien und Angebote zu entwickeln. Um aussagekräftige Indikatoren entwickeln zu können, muss zunächst einmal eine Bestandsanalyse durchgeführt werden, welche kommunalen und welche landesweiten Daten zur Verfügung stehen. Fragen Sie uns am besten noch einmal nach Etablierung der Bildungskommune, welche Indikatoren für Bottrop nützlich waren… zurzeit befinden wir uns am Anfang des Prozesses.
 

Was haben Sie als nächstes vor? Was sind Ihre nächsten Schritte? 

Wir werden zunächst unsere Ideen und Ziele den Bildungspartner*innen innerhalb der Verwaltung vorstellen, um Bildungsangebote und -strukturen darzustellen, Menschen zu vernetzen und aufzuzeigen, wie viele unterschiedliche Akteur*innen Teil von Bildungsprozessen sind. Außerdem entstehen gerade konkrete Planungen und Konzepte für ein mögliches Bildungsportal sowie Bildungsberichterstattung. Wir erheben Daten zu aktuell in der Kommune anliegenden Themen, wie beispielsweise Förderung der Basiskompetenzen zur Erstellung von short reports. Ab Mitte 2024 läuft dann die K² Beratung an, um das Netzwerk im Bereich der kulturellen Bildung zu stärken und auszubauen.  

Wir sind sehr gespannt und freuen uns auf zukünftige Entwicklungen.  

Vielen Dank für das Interview.