Der Ganztag in NRW

„Der Ganztag sollte im Sinne eines integrierten Planungsverständnisses Teil eines kommunalen Bildungskonzeptes sein, das von der Durchführung gemeinsamer Kinder- und Jugendhilfe- und Schulentwicklungsplanungen sowie gemeinsamer Gremiensitzungen von Jugendhilfe- und Schulausschüssen bis hin zur gemeinsamen Konzeptherstellung für Einzelschulen reicht.“

Bundesjugendkuratorium (BJK), Arbeitsstelle Kinder- und Jugendpolitik, 2020, S. 31
https://bundesjugendkuratorium.de/data/pdf/press/BJK_2020_Rechtsanspruch%20Ganztagsbetreuung.pdf

Ganztagsschulentwicklung als Handlungsfeld im Datenbasierten Kommunalen Bildungsmanagement

Mit dem Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter (Ganztagsförderungsgesetz - GaFöG) vom 2. Oktober 2021 hat die Bundesregierung den Anspruch auf ganztägige Betreuung rechtlich verankert: Ab August 2026 sollen zunächst alle Kinder der ersten Klassenstufe einen Anspruch darauf haben, ganztägig gefördert zu werden. Der Anspruch soll in den Folgejahren um je eine Klassenstufe ausgeweitet werden, damit ab August 2029 jedes Grundschulkind der Klassenstufen 1 bis 4 einen Anspruch auf ganztägige Betreuung hat. 
Dieser Rechtsanspruch soll sowohl in Horten als auch in offenen und gebundenen Ganztagsschulen erfüllt werden. Dafür müssen noch mehr als 800.000 zusätzliche Plätze geschaffen werden. 

Geregelt wird der Rechtsanspruch auf Bundesebene im Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII, § 24). Dieser sieht einen Betreuungsumfang von acht Stunden an allen fünf Werktagen vor. Die Unterrichtszeit wird angerechnet. Der Rechtsanspruch soll auch in den Ferien gelten, dabei können Länder eine Schließzeit bis maximal vier Wochen regeln. Eine Pflicht, das Angebot in Anspruch zu nehmen, gibt es nicht. 

Nun liegt es in der Verantwortung der Bundesländer, das Bundesgesetz in Landesausführungsgesetze umzusetzen. Hier ist Nordrhein-Westfalen durch seine langjährigen Erfahrungen mit dem sogenannten „Trägermodell“ der offenen Ganztagsgrundschule OGS gut vorbereitet: Die Regelung, dass eine Ganztagsbetreuung auch an Schulen stattfinden kann, ist hier sowohl im Kinderbildungsgesetz (§ 4) als auch im Schulgesetz (§ 9) verankert und wird im Rahmen der OGS umgesetzt. Dennoch gibt es Handlungs- und auch Verbesserungsbedarfe vor Ort, z.B. in Bezug auf die Kooperation von Jugendhilfe und Schule, die Qualität der Ganztagsangebote, der Finanzierung oder die Ausstattung mit Fachkräften.

„Nordrhein-Westfalen ist gut auf ein gemeinsames Handeln von Jugendhilfe und Schule vorbereitet. Auch in Zukunft wird das nordrhein-westfälische Trägermodell gelten. Wir müssen meines Erachtens die Einführung des Rechtsanspruchs jedoch zum Anlass nehmen, einige Ungleichgewichte zu regeln. Bisher ist de facto, nicht de iure, die Schulaufsicht für Genehmigung und Aufsicht zuständig, auf der Seite der Jugendhilfe fehlt das Gegenstück. Daher plädiere ich dafür, dass die zukünftigen OGS’en auch eine Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII erhalten. Damit bilden die Jugendämter ein Gegengewicht zur Schulaufsicht. Bei Konflikten müssen sich dann Jugendamt und Schulaufsicht miteinander auf Augenhöhe – wie das so heißt – verständigen.“  

Dr. Norbert Reichel
https://demokratischer-salon.de/beitrag/ganztagsbildung-ist-kinderrecht/?portfolioCats=76

Obwohl (oder gerade weil) ein solcher Rechtsanspruch in § 24 SGB VIII verankert ist und sich dementsprechend zuvörderst an die örtlich zuständigen, öffentlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe, also in der Regel an die Jugendämter in den kommunalen Gebietskörperschaften richtet, ergeben sich bereits in dieser Planungsphase Schnittstellen und koordinierende Aufgaben für ein datenbasiertes kommunales Bildungsmanagement  (DKBM) in den Kommunen. Die Kernkomponenten des DKBM bieten einen Orientierungsrahmen für das Bildungsmanagement vor Ort und dienen den Fachkräften zur Anregung und Reflexion ihrer Tätigkeiten. So können z. B. die Merkmale einer Datenbasierung im Bildungsbereich, die Ausrichtung an bildungsbezogenen strategischen Zielen oder die Kooperations- und Vernetzungsaktivitäten innerhalb der Bildungslandschaft überprüft und entwickelt werden.  

Erste Handlungsfelder für das Kommunale Bildungsmanagement in Bezug auf das Handlungsfeld Ganztagsbetreuung (zur Vorbereitung des Rechtsanspruches) sind z. B.  

  • Bedarfsplanung bzw. Initiierung integrierter Planungsprozesse (z. B. Kitaplanung, Jugendhilfeplanung und Schulentwicklungsplanung mit dem Ziel, Prognosen für zukünftige Bedarfe zu erstellen),  

  • Raumplanung (Schulbau, pädagogische Architektur, Konzepte für ganztägige Raumnutzung) 

  • Qualitätsentwicklung (Begleitung der (Weiter-)Entwicklung von Qualitäts- und Rahmenvorgaben für die Ganztagsangebote im Sinne einer ganztägigen Bildung)

  • die Vernetzung und Zusammenarbeit der Bildungsakteure (z.B. öffentliche und freie Jugendhilfeträger mit Ganztagsangeboten, Schulen, weitere Bildungspartner in der Region).  

  • Bei Kreisen die Koordinierung der Schulträgeraktivitäten in kreisangehörigen Gemeinden 

  • Rollenklärung, Verantwortlichkeiten, Prozessplanung 

„Ganztagsbildung [umschließt] formale, non-formale und informelle Bildungsangebote auf der Basis eines weiten Bildungsbegriffs. Dies verlangt die Rhythmisierung des Schultages, die Ausgestaltung zu einem Lebens- und Erfahrungsraum für Kinder und Jugendliche. Dabei bildet das in der Fachdiskussion verwendete erweiterte Bildungsverständnis einen zentralen Referenzrahmen für Ganztagsbildung, indem unterschiedliche Lernorte und Akteure der Bildungsförderung aber auch unterschiedliche Lernsettings bzw. Lernformen zu einer gemeinsamen Perspektive von Jugendhilfe und Schule zu denken sind (vgl. Stephan Maykus 2009). In dieser Lesart ist Ganztagsbildung als theoretisch-konzeptionelle Basis für die Organisation von Bildung zu betrachten, aus der sich Konsequenzen für die Gestaltung von Bildungsförderung in der Praxis ergeben.“

Serviceagentur Ganztägig lernen, https://demokratischer-salon.de/beitrag/auf-die-kinder-kommt-es-an/


Das können wir für Sie tun

  • Die Transferagentur Kommunales Bildungsmanagement NRW begleitet und unterstützt Kommunen in NRW bei Bedarf bei den vorbereitenden und planerischen Aktivitäten für die Umsetzung des vollständigen Rechtsanspruches bis 2029 innerhalb des datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements (DKBM).  
     
  • Wir fördern den themenbezogenen Austausch und die Vernetzung mit „Bildungskommunen“ / mit Kommunen in NRW und im Bund, z. B. im Rahmen von Workshops und Lernclustern.
     
  • Wir vernetzen Kommunen mit den relevanten kommunalen und zivilgesellschaftlichen Akteuren und themenspezifischen Programmen in NRW und im Bund.
     
  • Wir bieten eine kommunale Begleitung beim Aufbau eines datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements an.


Das Thema Ganztagsbildung auf unseren Seiten 

Neue Website Schulbau „Open Source“ veröffentlicht
https://www.transferagentur-nordrhein-westfalen.de/aktuelles/detailansicht/news/website-schulbau-open-source-veroeffentlicht/   

Gute Ganztagsbildung – Broschüre des DIPF
https://www.transferagentur-nordrhein-westfalen.de/aktuelles/detailansicht/news/sechs-praxisnahe-handreichungen-projekt-wissenschaftsgeleiteter-qualitaetsdialog-zum-ganztag/ 

Interview mit Dr. Norbert Reichel
https://vimeo.com/638534711/29f3e884ad


Akteure und Programme

Serviceagentur Ganztägig lernen NRW
https://www.ganztag-nrw.de 

Landesjugendamt Rheinland
https://www.lvr.de/offeneganztagsschuleinderprimarstufe_1.jsp 

LWL Landesjugendamt Westfalen-Lippe
https://www.lwl-landesjugendamt.de/de/jufoe/koop_jugendhilfe_schule/ogs/ 

Montag Stiftung
Handlungsfeld Pädagogische Architektur: https://www.montag-stiftungen.de/handlungsfelder/paedagogische-architektur  Handlungsfeld inklusive ganztägige Bildung: https://www.montag-stiftungen.de/handlungsfelder/inklusive-ganztaegige-bildung 

Familiengrundschulzentren
Initiative Familiengrundschulzentren NRW: https://www.familiengrundschulzentren-nrw.de
Koordinierungsstelle Familiengrundschulzentren im ISA: https://isa-muenster.de/arbeitsbereiche/jugendhilfe-und-schule/familiengrundschulzentren/

 

Kommunale Aktivitäten in NRW

Stadt Bielefeld (integrierte Schulentwicklungsplanung)
https://www.bildung-in-bielefeld.de/thema-gesamtbericht-der-ganzheitlichen-schulentwicklungsplanung-fuer-die-bielefelder-schulen/ 

Rheinisch-Bergischer-Kreis (Qualitätszirkel)
https://www.rbk-direkt.de/offener-ganztag.aspx 

Kommunale Fachberatung OGS im Bildungsbüro 
https://www.moenchengladbach.de/index.php?id=1812000

OGS Gottfried-Kinkel – Inklusive ganztägige Bildungseinrichtung, Bonn (gemeinsames Bildungsverständnis)
https://www.gottfried-kinkel-grundschule.de/gemeinsames-bildungsverstaendnis-im-ganztag/